Chronobiologie – wie die Tageszeit unseren Körper beeinflusst

Eulen und Lerchen – es gibt sie nicht nur in der Tierwelt. So bezeichnet man – leicht augenzwinkernd – zu welcher Tageszeit eine Person am aktivsten ist. Während die Eulen erst spät am Tag zu Höchstformen auflaufen, sind die Lerchen schon in den frühen Morgenstunden munter. Jeder Mensch tickt in seiner inneren Uhr anders. Und dies kann man sich nicht aussuchen – es scheint genetisch festgelegt zu sein, ob man ein Frühaufsteher oder ein Morgenmuffel ist. Die Wissenschaft der Chronobiologie befasst sich mit der zeitlichen Organisation von biologischen Systemen und bezieht sich darauf, dass der Organismus sich nicht dem Tag-Nacht-Zyklus entziehen kann und untersucht Regelmäßigkeiten und rhythmisch wiederkehrende Faktoren in der Lebensweise von Individuen.

Was lässt die innere Uhr ticken?

Jeder Organismus ist wechselnden Phasen von Helligkeit und Dunkelheit und anderen wiederkehrenden Faktoren wie z.B. Umgebungstemperatur ausgesetzt. Organismen stehen diesen zyklischen Zuständen nicht passiv gegenüber, sondern haben ihre „innere Uhr“. Damit können sie die Umweltrhythmen antizipieren. Diese biologische Uhr findet man bei Tieren, Pflanzen, Pilzen. Was jedoch treibt diese innere Uhr an? Es ist nicht der Wechsel von Licht und Dunkel. Die innere Uhr läuft auch ohne Einwirkung oder Zeitinformation von außen und auch bei konstanten Bedingungen. Innere Uhren sind endogene Oszillatoren, d. h. angeborene, innere Rhythmusgeber. Ihre Periode ist nicht genau, sondern nur ungefähr 24 Stunden, daher der Name circadiane Uhren (circa: „ungefähr“; dies: „der Tag“). Ihre Hauptschaltzentrale sitzt im Gehirn. Die innere Uhr steuert beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin, sie steuert die Körpertemperatur, den Blutdruck, den Stoffwechsel. Sie lässt physiologische und biochemische Prozesse in Zyklen ablaufen.

Der circadiane Rhythmus

Der circadiane Rhythmus wurde erstmals 1959 vom Biologen Franz Halberg so bezeichnet und beschreibt die biologischen Anpassungen von Lebensformen, die sich am Verlauf der Sonne orientieren und daher einen 24 Stunden Rhythmus aufweisen. Halberg gilt in diesem Zusammenhang als Mitbegründer der Chronobiologie. Die allgegenwärtigste Ausformung davon ist der Rhythmus zwischen dem Wachsein und von Müdigkeit und Schlaf. Tests zeigen, dass Personen unter Isolationsbedingungen ohne Kontakt zum Tagesablauf und zum Tageslichtrhythmus mehrere Wochen in künstlich beleuchteten Räumen bereits nach kurzer Zeit einen veränderten Schlaf-Wach-Rhythmus aufzeigen. Damit diese zeitlichen Verschiebungen in Bezug zur Tageszeit im realen Leben korrigiert wird, muss die innere Uhr mit der Tageszeit synchronisiert werden. Licht ist hierfür der stärkste Zeitgeber. Das Umgebungslicht wird zur Synchronisation der inneren Uhr genutzt. Die Effekte dieser Synchronisation können durch den Verlauf des natürlichen Tageslichts erklärt werden, welches evolutionär gesehen den einzigen Licht-Zeitgeber darstellt. So kann besonders helles Licht in den Mittagsstunden einer Nachmittagsmüdigkeit vorbeugen.

Der zirkadiane Rhythmus ist also die Fähigkeit eines Organismus, physiologische Vorgänge auf eine Periodenlänge von etwa 24 Stunden zu synchronisieren. Er ist weitgehend unabhängig von äußeren Faktoren, die auf die jeweilige Tages-, Nacht- oder sogar Jahreszeit hinweisen könnten.  Er dient dazu, sich zeitlich orientieren zu können und die periodisch durchgeführten Tätigkeiten, wie z.B. Schlafen, Nahrungsaufnahme, Winterschlaf, Fortpflanzung etc. in einem relativ konstant bleibenden Rhythmus durchzuführen.

Man kann es sich nicht aussuchen

Zu welchem Chronotyp man gehört, ist wohl genetisch festgelegt. Auch wenn es einen stört – man kann es nicht ändern. Allerdings verschiebt er sich im Laufe des Lebens ein wenig. Kinder sind oftmals Lerchen und werden als pubertierende Teenager eher zu Eulentypen. Ältere Menschen hingegen werden meist wieder zu Lerchen. Da Jugendliche eher Eulentypen sind, sind viele Forschende der Meinung, dass der deutsche Schulbeginn um acht Uhr besonders kontraproduktiv und leistungshemmend ist.

Der soziale Jetlag

Die eigene biologische Uhr kann im Konflikt zur gesellschaftlichen Tagesstruktur stehen. Eine dauerhafte Diskrepanz zwischen innerer Uhr und festgelegten Zeiten des alltäglichen Lebens wie Schulbeginn, Arbeitsstart können zum sogenannten sozialen Jetlag führen. D. h. permanent ist der Körper einer „falschen“ Zeiteinteilung ausgesetzt. Dies kann zu gesundheitlichen Problemen wie Schlafstörungen, einem geschwächten Immunsystem, verringerter Konzentrations- und Merkfähigkeit, eingeschränkter Reaktionsgeschwindigkeit oder Herz-/Kreislaufkrankheiten führen.

Wenn der Schlafrhythmus an der inneren Uhr rüttelt

Montagsblues – das kennt jeder, der auch am Wochenanfang eigentlich noch lieber etwas länger schlafen möchte, als sich auf den Weg zur Arbeit machen zu müssen. Man ist schlecht gelaunt, unkonzentriert und lustlos. Ursache ist das Rütteln an der inneren Uhr. Am Wochenende verändert man gerne den Schlafrhythmus. Man hat freie Tage vor sich, die man so lange wie möglich ausnutzen will – man bleibt länger auf als den Rest der Woche üblich. Im Gegenzug schläft man am Wochenende meist länger. Mit dem Effekt, dass der Wecker am Montagmorgen einen grausam aus dieser kurzen – der inneren Uhr angepassten – Zeit herausholt und in die gesellschaftlich vorgegebene Tagesstruktur hineinpresst. Kein Wunder, dass der Körper schlapp macht, und seinen eigenen Rhythmus wieder erhalten möchte.

Der moderne Lebensstil und die biologische Uhr

Der moderne Lebensstil weicht immer mehr von der ursprünglichen biologischen Uhr ab. Auch wenn die Wochenarbeitszeit idealerweise bei ca. 38 Stunden liegt, so nehmen doch Schichtdienst, ständige Abrufbereitschaft und die immer stärker verwischte Abgrenzung von Freizeit und Arbeitszeit durch moderne Techniken mehr und mehr zu. Freie Zeit oder gar Schlaf haben ein Imageproblem. Viele Menschen leiden zudem unter Lichtmangel. Alle diese Faktoren begünstigen das Auftreten von Erkrankungen wie Depressionen oder sonstige psychiatrische Störungen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass man auch mal wieder mehr auf seine eigene innere Uhr hört, sich Auszeiten nimmt, wenn es möglich ist, sich einen regelmäßigen Tagesablauf angewöhnt und in freien Zeiten nicht „über die Stränge“ schlägt, weil jede übermäßige Veränderung des Tagesablaufs eine Herausforderung für unseren Körper darstellt.

Doch was kann man tun?

Morgens klingelt der Wecker, doch wir sind noch müde, müssen uns dennoch erheben. Eine Fernreise steht an, unser Körper muss sich auf mehrere Stunden Zeitverschiebung umstellen. Nachts arbeiten, tagsüber schlafen. All das steht entgegen unserer inneren Uhr, die dafür sorgen soll, dass bestimmte Prozesse in unserem Körper immer im gleichen Rhythmus ablaufen.

Doch aufgrund unserer Lebensumstände wird es immer schwieriger, dem natürlichen biologischen Rhythmus zu folgen. Doch es gibt einige Angewohnheiten, die man sich aneignen kann:

  • Den Arbeitsalltag sollte man strukturierter gestalten: Also nicht an einem Stück durcharbeiten, sondern gezielt Pausen einlegen, z.B. nach eineinhalb Stunden Arbeit 15 Minuten Pause, in der man spazieren geht. Danach arbeitet man viel effizienter als beim Durcharbeiten.
  • Auf das Schlafengehen sollte man sich vorbereiten – vorher zur Ruhe kommen und keine Medien mehr konsumieren, auch anstrengendes Work-out ist ungünstig.
  • Beim Essen sollte man bedenken, dass der Körper in der Frühe Energie benötigt. Ein eiweißreiches Frühstück ist da empfehlenswert, am Abend dagegen sollte es etwas Leichtes sein, das den Magen nicht belastet.
  • Die meisten Menschen leiden an einem Schlafdefizit. Am Wochenende ewig lange ausschlafen, ist aber keine gute Idee. Stattdessen sollte man einen kurzen Mittagsschlaf machen, um im Rhythmus zu bleiben.

Mit diesen Maßnahmen, die sicher schnell zur unreflektierten Angewohnheit werden, kann man es schaffen, einen guten biologischen Rhythmus zu erhalten und somit letztlich etwas Gutes zu der eigenen Gesundheit beizutragen.

Sie finden diesen und weitere Texte sowohl zum nachlesen als auch zum Anhören auf der Homepage der LZG unter www.gesundheitstelefon-rlp.de

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Text und Redaktion: Andrea Sudiana